Rio – Eine Bronzemedaille, ein fünfter- und ein siebter- und ein neunter Rang; das ist die Ausbeute der deutschen Ringer bei den Olympischen Spielen in Rio.
Die deutschen Ringer haben ihr selbst gestelltes Ziel, eine Medaille zu erkämpfen erreicht, bei allem ‚Wenn und Aber‘ die Chance auf bessere Platzierungen – vielleicht auch auf eine zweite Medaille war zweifelsfrei vorhanden.
Foto: J. Richter – Maria Selmaier bei ihrer Verabschiedung zu den Olympischen Spielen nach Rio; v.l.: Hartmut reich (Trainer), Lutz Zimmermann (Vizepräsident des Thüringer Ringer- Verbandes), OSP-Leiter Bernd Neudert. |
Das es schwer werden würde, wusste Maria Selmaier (75 kg/KSC Motor Jena) schon nach der Auslosung, unmittelbar nach dem Wiegen. Mit Erika Wiebe (CAN) wartete eine der internationalen Spitzenathletinnen dieser Kategorie auf die Saalestädterin, die sich gegen die DRB-Ringerin im Auftaktduell klar durchsetzte. Die Kanadierin kämpfte sich ins Finale, so dass Maria Selmaier in der Hoffnungsrunde weiterkämpfen konnte. Aber auch das zweite Duell des Tages verlor die Ringerin aus dem Leistungszentrum Jena, diesmal gegen die starke Chinesin Zhang Fengliu, die sich später noch Bronze sicherte. Gegen die Olympiasiegerin- und eine der beiden Bronzemedaillengewinnerinnen verloren zu haben ist keine Schande, das Gefühl bei Olympia dabei gewesen zu sein, dürfte hingegen Motivation für die nächsten Jahre sein, wobei Maria Selmaier zunächst erst einmal berufliche Akzente setzen möchte, bevor es in Richtung WM 2017 geht, wo in Paris der neue Olympiazyklus eingeleitet wird.
Damit bleibt Andreas Schröder der letzte Gewinner einer olympischen Medaille für das Ringer-Leistungszentrum Jena. Der Schwergewichtler holte 1988 in Seoul eine Bronzemedaille. Der wohl erfolgreichste, deutsche Ringer Uwe Neupert hatte vor Schröder, bei den Olympischen Spielen in Moskau 1980 die Silbermedaille nach Jena geholt.
Für die deutschen Ringer verlief das olympische Turnier insgesamt sehr erfolgreich; bravourös die Leistung von Denis Kudla (85 kg/VfK Schifferstadt), mit der er Bronze gewann, auch Eduard Popp (125 kg/VfL Neckargartach) stand dem erst 21-jährigen Kudla in Nichts nach, sein 5. Platz war ebenso Weltspitze. Ärgerlich die Fußverletzung von Frank Stäbler (66 kg/TSV Musberg), für diesen sympathischen Sportsmann platzte damit der Traum von einer olympischen Medaille, der sich trotzdem noch bis auf den 7. Platz in seinem Limit kämpfte. Alle drei deutschen Griechisch-Römisch-Spezialisten unter den Top-Ten – mit dem I-Tüpfelchen, der Bronzemedaille durch Denis Kudla.
Von den vier DRB-Damen schaffte es nur Aline Focken (69 kg/KSV Krefeld) unter die besten Zehn, doch die Weltmeisterin von 2014 hatte sich mehr vorgenommen. Das stellte sie mit ihrem Sieg über die Vizeweltmeisterin des Vorjahres Zhou Feng (CHN) unter Beweis. Doch die ‚Angstgegnerin‘ Jenny Fransson (SWE) riss die Deutsche aus allen Medaillenträumen. Als die Schwedin im Halbfinale unterlag und damit den Endkampf um Gold verpasste, konnte Aline Focken auch nicht mehr über die Hoffnungsrunde erneut ins Geschehen eingreifen, wo sie zumindest noch Chancen auf Bronze gehabt hätte. Tränen am Ende und die Erkenntnis, das es oftmals nur eine Nuance ist, die über Sieg und Niederlage entscheidet.
Gleich mehrere Nuancen fehlten Luisa Niemesch (58 kg/SVG Weingarten) und Nina Hemmer (53 kg/AC Ückerath), die genauso wie Maria Selmaier (75 kg/KSC Motor Jena) schwere Lose erwischten und frühzeitig ausschieden.
Ringen wuchtet sich zurück ins olympische Programm
Es hätte nicht viel gefehlt und Ringen wäre als eine der ältesten Sportarten der Welt, bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 zum Zuschauen verdammt gewesen. Im Februar 2013 wurden die Ringer von der Nachricht der IOC-Exekutive überrascht, dass freier Ringkampf und griechisch-römischer Stil der Männer, sowie die Ringerfrauen von der olympischen Landkarte gestrichen werden sollen. Eine riesige Welle der Entrüstung lief rings um den Erdball, selbst der Iran und die USA schlossen sich im gemeinsamen Kampf um den Erhalt einer ihrer Nationalsportarten zusammen. Petitionen wurden eingereicht, weltweit demonstrierten Ringer für ihre Sportart, selbst die Präsidenten Putin und Obama schalteten sich ein.
Vor allem der Weltverband der Ringer wischte in der Folge ordentlich Staub, Der Serbe Nenad Lalovic löste den Schweizer Raphael Martinetti ab, der Wechsel an der Spitze brachte viele Reformen. Seither hat sich das Ringen verändert, selbst die Ringermatten und die Trikots der Akteure bekamen neue Farben, Regelwerk und Gewichtsklassen wurden geändert und der Frauenringkampf bekam mehr Gewicht in der einstigen Männerdomäne.
Neben den großen Ringernationen kämpfte auch die deutsche Ringerfamilie um den Verbleib der wohl ältesten Kampfsportart im olympischen Programm, Unterschriftensammlungen, Aufrufe wurden deutschlandweit gestartet, am Brandenburger Tor in Berlin demonstriert und auch der deutsche Bundestag befasste sich mit den Ringern, die sogenannte Randsportart trat für einige Wochen und Monate aus der Nische heraus, war selbst in den großen Medien präsent.
Im September 2013 dann die Erleichterung, als Ringen noch im gleichen Jahr durch den Beschluss der IOC-Mitgliederversammlung auf die olympische Bühne zurück kehrte – wenn auch mit Bewährung bis 2028. Das bis dahin Ringen wieder fest im olympischen Programm verankert ist, dessen ist man sich auch in Deutschland sicher, denn Nenad Lalovic macht weiter einen guten Job, fährt seinen Reformkurs stetig weiter.